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Salpeterwerke

Donnerstag, 9.11.2017

Nach der sehr herzlichen Verabschiedung von unseren Campingnachbarn sind wir aufgebrochen, um uns unterwegs in Richtung Hochland die alten Salpeterwerke anzusehen.

 

Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in Chile direkt unter dem Wüstenboden riesige Vorkommen an Natriumnitrat entdeckt. Es war das größte Nitratvorkommen der Welt, welches Chile zum führenden Exporteur von Düngemitteln aufsteigen ließ. Auch zur Herstellung von Schießpulver wurde Salpeter benötigt. Der Wirtschaftsboom ließ mehr als 100 Salpeterwerke entstehen. Anfang des 20. Jahrhunderts hat Chile 65% des Weltbedarfes gedeckt.

 

Die bekanntesten Salpetermienen der Region Tarapaca sind Humberstone und Santa Laura. Vom Hafen in Iquique gelangte der begehrten Rohstoff in die ganze Welt.

Humberstone

Im Jahr 2005 wurden die beiden Salpeterwerke zum UNESCO Welterbe erklärt und seitdem aufwändig für Besucher hergerichtet.

 

Für uns war es sehr interessant, das weitläufige Gelände zu erkunden.

 

Tipp: Wir würden empfehlen, einen ganzen Tag für die Besichtigung einzuplanen. Es gibt wahnsinnig viel zu sehen.

Museumshäuser

Gussformen

In direkter Nähe zu den Produktionsstätten entstanden kleine Städte mit Wohnhäusern und einer Infrastruktur aus Einkaufsmöglichkeiten, Kino, Theater, Hotel und Schwimmbad.

 

Entlohnt wurden die Arbeiter mit sogenannten "fichas", speziellen Münzen, die nur zum Einkaufen auf den Mienen eingesetzt werden konnten. Das verminderte den Wert der Entlohnung.

 

Immer wieder kam es zu Streiks, um bessere Bedingungen zu fordern.

Kochherde

Zum Transport des Salpetersalzes wurde zwischen 1870 und 1903 das größte Eisenbahnnetz Chiles errichtet. Es bestand aus sieben Linien, die alle Abbaugebiete miteinander verbanden.

 

Um 1950 mit Erfindung des Kunstdüngers verloren die Salpeterbarone das Interesse an der Ausbeutung der Mienen und verkauften die ganze Ausrüstung sowie die Bahnlinien an den Staat, der sie verfallen ließ.

Anhänger

Dampflok

Lokwerkstatt

Auf dem Gelände von Santiago Humberstone ist neben verschiedenen Dampfloks und Waggons auch die alte Eisenbahnwerkstatt zu besichtigen.

Kirche

Kirche innen

In der Blütezeit der Salpeterindustrie lebten in Humberstone 3700 Menschen. Sie waren freiwillig in die Pampa gezogen, um Geld zu verdienen.

 

Das Leben spielte sich abgeschieden von der Außenwelt ab. Die in Reih und Glied errichteten Häuser wirkten auf uns fast wie ein Ghetto. Es gab Häuser für höhere Angestellte und für die einfachen Arbeiter.

 

Die schlichte Kirche diente allen als Gebetshaus.

Schlafraum

Wohnraum

Für Besucher war sogar ein Hotel mit begrüntem Innenhof und Großküche eingerichtet worden.

 

Wasser gab es keines in der trockenen Wüstengegegend. Trotzdem war die Werkssiedlung mit einem pompösen Schwimmbad ausgestattet.

 

Uns haben vor allem das genietete Schwimmbecken mit dem massiven Sprungturm und der Pumpenraum beeindruckt.

Hotelküche

Schwimmbad

Das Theater sah aus als wäre gerade erst der letzte Vorhang gefallen. Einige Gebäude sind in der trockenen Wüstenluft gut erhalten geblieben oder sie sind nach dem Diebstahl vieler Holzbalken detailgetreu wieder hergerichtet worden.

Theater

Theater innen

Gesterstadt

Vom zentralen Platz, der Plaza, sind wir durch die Reihen der Wohnhäuser zum Fabrikgelände gelaufen.

 

Tipp: Äußerst lohnend ist der Abstecher zum Aussichtspunkt, auch wenn die Sonne vom Himmel brennt.

 

Von einer kleinen Erhebung hatten wir einen sehr schönen Blick über die gesamte Wohn- und Produktionsanlage.

Überblick vom Aussichtspunkt

Werksbereich

Die Besichtigung der Fabrikhallen war das absolute Highlight der Tour. In Deutschland wäre es undenkbar, solche rostigen Blechbuden für Besucher auf eigenen Faust freizugeben. Hin und wieder fand sich ein Hinweis auf Kameraüberwachung, wahrscheinlich damit nichts von dem Industrieschrott entwendet wird, ansonsten konnten wir überall hin und alles anfassen. Es war einfach toll!

Maschinenhalle

Werkstatt

Der Wüstenwind hat eine magische Atmosphäre in den Geisterort gezaubert und die Bleche sanft klappern lassen. Es waren kaum weitere Besucher unterwegs. Wir fühlten uns wie Nebendarsteller in einem mystischen Film.

Blechhalle

Ofen

Kiosk

Auf dem Rückweg zum Ausgang sind wir am Verwaltungsgebäude vorbei gekommen, welches von einer schicken Veranda gesäumt wird.

 

Hier haben die in weiß gekleideten leitenden Angestellten ihre Mahlzeiten eingenommen. Außerdem konnten sie sich beim Billard oder Tanzmusik vergnügen, während die Arbeiter das weiße Salz zu Salpeter verarbeite haben, welcher durch Export die Kassen der Kompanie gefüllt hat.

Verwaltungsgebäude

Für die Kinder der Arbeiter gab es eine Schule und Kranke oder Verletzte wurden im Hospital versorgt. In den ersten Salpeterminen waren die Produktionsmittel ziemlich rudimentär, dadurch waren die Arbeitnehmer hohen physischen Belastungen ausgesetzt. In einigen Phasen des Prozesses war das Risiko für Verletzungen oder sogar den Tod sehr groß.

Schule

Hospital

Zeitlich gesehen hätten wir nach der ausgiebigen Besichtigung von Humberstone zu unserer Tour in die Berge starten müssen, doch wir wollten uns das zweite Salpeterwerk nicht entgehen lassen. Nach einem kleinen Snack im Auto sind wir die wenigen Meter nach Santa Laura gefahren.

Das kleinere der beiden Werke hatte um 1920 etwa 495 Einwohner. Bis 1960 wurde in der Miene gearbeitet.

 

Liebevoll gemalte Schautafeln erklären den aufwändigen Prozess der Salpeterherstellung.

 

Das Salz wurde in Mühlen zerkleinert, dann in Wasser gelöst und so von unerwünschten Einschlüssen befreit, anschließend hat man die gesättigte Lösung eingedampft und kristallisiert.

Santa Laura

Schautafel

Salpetersalz

Im Museum konnten wir uns einen Rohsalzklumpen anschauen.

 

Der Wohnbereich war in Santa Laura deutlich kleiner als in Humberstone. Er wirkte auf uns recht gemütlich, so dass die Arbeiter sich hier durchaus wohlfühlen konnten.

 

Uwe kannte noch die alten spitzen Feuerlöscher aus dem Brankohlebergbau der DDR.

Feuerlöscher

Filmkulisse

Als wir im Werksbereich angekommen sind, waren wir froh, den Abstecher gemacht zu haben.

 

Der morbide Charme der Industrieruine hat uns in seinen Bann gezogen. Hier könnte ein Mad Max Film gedreht worden sein.

 

In die Fabrikhalle hinein durften wir leider nicht gehen. Wahrscheinlich ist sie schon so marode, dass Teile vom Dach herunterfallen könnten.

Werksbereich

Schautafel

Ofen

Nebenan befand sich die Jodfabrik. Auch dieser Prozess wurde auf einer handgemalten Schautafel erklärt. Offenbar ist Jod als Nebenprodukt im Salpeterprozess angefallen.

 

Die großen Reaktionsbottiche für die Mutterlauge aus der Salpetergewinnung konnten wir von oben begehen und der Schwefelofen sowie die Sublimationsrohre für das Jod waren gut erhalten.

Bottiche

Öfen

Der Nachmittag war schon fortgeschritten als wir an der Plaza von Santa Laura unsere Besichtigungstour beendet haben. Wir wären gern noch etwas länger geblieben.

Plaza

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